Der Münchner Trichter bezieht Position

Wir fordern für die Kooperation der
offenen Jugendhilfe und der Schule einen dritten Weg!

Die Anforderungen in einer sich stetig stärker ausprägenden pluralen Gesellschaft brauchen Bildungs- und Erziehungsangebote, die eine Identitätsentwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit befördern. Neben Eltern bzw. Erziehungsberechtigten tragen Jugendhilfe und Schule hier eine gemeinsame Verantwortung. Durch das Zusammenwirken von Jugendhilfe und Schule mit all ihren unterschiedlichen Herangehensweisen, Angeboten und Verpflichtungen, können vielfältige und wichtige Beiträge für die Identitätsbildung junger Menschen geleistet werden. Unsere langjährige Praxis zeigt, dass es nicht reicht, an einzelnen Schulen erfolgreich zusammenzuarbeiten. Die Aufgabenstellung geht über die Entwicklung und Begleitung von Modellprojekten und der Weiterführung „guter Praxis“ hinaus. Schule und Jugendhilfe müssen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess ihre Angebote, Inhalte und Methoden aufeinander abstimmen. Der nächste Schritt ist nun, die positiven Erfahrungen institutionell zu verankern.

Deshalb fordern wir:

1. Wir treten für die Beibehaltung des eigenständigen Bildungsauftrages der Kinder- und Jugendhilfe ein.

2. Es gibt Schule und es gibt Jugendhilfe. Dies soll auch weiterhin so bleiben, denn insbesondere das Feld der Jugendhilfe hat eine Vielzahl von gesetzlich geregelten Aufgaben. Zusätzlich kooperieren Schule und Jugendhilfe zu gemeinsam definierten Themen, Handlungsfeldern etc.

3. Wir wollen keine Eingliederung der Jugendhilfe in die Schule. Wir fordern einen gemeinsamen Weg. Hierfür fordern wir politische Entscheidungen.

4. Wir setzen uns für die Bereitstellung von Ressourcen für dieses zusätzliche Arbeitsfeld der Jugendhilfe ein.
a. Wir wollen mit allen Schulen zusammenarbeiten und dabei immer berücksichtigen, dass die persönliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen im Vordergrund der Aktivitäten steht.
b. Wir wollen, dass Schule und Jugendhilfe in der Zusammenarbeit als Gesamtzusammenhang verstanden werden, die ihre Angebote und Methoden im Sinne eines Gesamtzusammenhangs von Bildung, Erziehung und Betreuung gegenseitig ergänzen und bereichern.
c. Ganztagsangebote sind nicht an den Ort der Schule gebunden, sondern können und sollen auch in (benachbarten) Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit stattfinden. Die Frage des Ortes ist eine konzeptionelle und hat sowohl mit der Öffnung der Schule als auch ihrer sozialräumlichen Orientierung zu tun.

5. Wir treten für eine partnerschaftlich orientierte Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule ein. Hierfür bedarf es Regeln, auf die sich beide Seiten zu verständigen haben. Dennoch, nicht immer klappt die Kooperation, manchmal bedarf es auch des Hinzufügens oder des respektvollen Nebeneinanders: Es geht nicht in erster Linie um das Einflechten außerschulischer Kompetenzen in das jeweilige Schulsystem, sondern um Inklusion von schulischer und außerschulischer Bildung und die Ausgestaltung sowohl der konkreten Zusammenarbeit als auch der gemeinsamen Gesamtperspektive.

6. Wir fordern einen institutionalisierten Austausch von Schule und Jugendhilfe auf allen Ebenen (Schule vor Ort, kommunale Ebene, Freistaat) sowie mit anderen am Bildungsprozess beteiligten Akteuren. Die Formen und Strukturen für die Zusammenarbeit werden gemeinsam erarbeitet. Dies wird unterstützt durch das Entwickeln von Visionen und der Verständigung auf pädagogische Handlungsweisen der am Bildungsprozess Beteiligten, der kritischen Reflexion und Evaluation der gemeinsamen Arbeit. Wir wollen diesen Prozess mitgestalten.

7. Wir fördern die Mitbestimmung der Kinder und Jugendlichen und stiften die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten zum gemeinsamen Handeln an. Dieses Prinzip soll in der angestrebten Kooperation handlungsleitend für unsere Aktivitäten sein.

8. Kooperation braucht Position: Die Jugendarbeit muss verstärkt an ihrem Profil arbeiten. Wir werden diese Profilierungsarbeit fortsetzen.

Das Positionspapier wurde auf der Sitzung der Kerngruppe am 12.06.2008 einstimmig angenommen.