Einige werden die Großplakate gesehen haben: Engagement Global unterstützt das entwicklungspolitische Engagement von Einzelnen, Gruppen und Städten… Ein Spendenkonto ist nicht angegeben, logisch, denn das Plakat ist Eigenwerbung für diese neue Institution innerhalb des umstrukturierten Bundesministeriums für Entwicklung (BMZ), einem Ministerium, das der jetzige Amtsinhaber, Minister Niebel, (FDP) im vorhergehenden Wahlkampf abschaffen wollte.
Subsidiarität steht für folgende politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Maxime: Selbstbestimmung und Eigenverantwortung steht an erster Stelle. Subsidiarität will die individuellen Fähigkeiten der Menschen fördern. Das ist die Umsetzung des Konzepts des „mündigen Bürgers“. Zum Prinzip der Subsidiarität gehört auch, dass all das, was selbstbestimmt unternommen werden kann, von Einrichtungen der Zivilgesellschaft oder der untersten Ebene einer Organisationsform geleistet wird. Dieses Subsidiaritätsprinzip ist ein wichtiges Konzept in föderativen Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland. Und somit ist z.B. die Förderung von zivilgesellschaftlichen Netzwerken, auch im Eine Welt Bereich eine angemessene Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips und keine „Gnade von oben“. Es ist natürlich legitim zu fragen, ob diese zivilgesellschaftlichen Strukturen fachlich gut sind und einigermaßen repräsentativ sind. Das ist in Bayern und München der Fall. So sind aktuell Strukturen, die sich innerhalb der entwicklungspolitischen Strukturen breit machen, gegen diese Staatsmaxime gerichtet.
Jetzt lobt das BMZ mit den neuen Strukturen Engagement Global, die GIZ etc. z.B. das entwicklungspolitische Engagement der Städte und Gemeinden. Es gibt aber dafür keinen Haushaltstitel mit einer Summe. Was es geben soll, dass die sog. Servicestelle Kommunen in der einen Welt – SKEW – über 20 neue Planstellen bekommt, wofür, das fragt man sich.

Schauen wir uns einige Beispiele aus der Praxis an:

Das Eine Welt Netzwerk Bayern, (EWNB) mit über 129 Mitgliedsgruppen und einem sehr hohen Wissens- und Praxisstand sah sich auf einmal mit der Situation konfrontiert, dass Engagement Global in Stuttgart ein dezentrales Büro zur Unterstützung des entwicklungspolitischen Engagements- für die Länder Baden-Württemberg und Bayern einrichtete. Was hat das mit dem Subsidiaritätsprinzip zu tun, wenn es in den beiden Bundesländern gut funktionierende Eine Welt Netzwerke gibt? Entsprechend klar fiel die Kritik des Eine Welt Netzwerkes Bayern aus:
“Das EWNB e.V. hat – entgegen mehrfachen Ankündigungen des BMZ… keinerlei Informationen über Stellenausschreibungen, Ansiedlung der neuen Struktur oder Aufgabenbeschreibung der für Bayern mit zuständigen dezentralen Struktur von Engagement Global in Stuttgart erhalten. Auch die Eröffnung der dezentralen Stelle in Stuttgart am 8.10.2012 konnte die Sinnhaftigkeit der neuen dezentralen Struktur nicht aufzeigen.  Mehr als 8 Monate nach Eröffnung konnte Engagement Global keine Auskunft über seine künftige Strategie vorlegen. Seitens des EWNB wird großen Wert darauf gelegt, dass die neue staatliche Struktur das Subsidiaritätsprinzip achtet. Es besteht weiterhin der Eindruck, dass eine staatliche Doppelstruktur aufgebaut wird. Die weiter voranschreitende Verstaatlichung der Eine-Welt-Arbeit wird staunend zur Kenntnis genommen“.

Wenn die Wirklichkeit so ist, hätte man sich die aufwendige Plakatierungsaktion doch sparen können.

Anders in München
Dass es anders geht, zeigt z.B. München. Hier wird durch die städtischen Institutionen das Eine-Welt-Engagement der Zivilgesellschaft bewusst gefördert. Einige kurze Beispiele sollen das verdeutlichen, gemäß dem Motto: Global denken – lokal handeln.
Die Förderung des lokalen Eine-Welt-Dachverbandes in München, des Nord Süd Forum München e.V. (mit 65 Mitgliedsgruppen) durch die Stadt (Kulturreferat) ist zu nennen, wie die Kooperation von Stadt und Zivilgesellschaft innerhalb der Städtepartnerschaft München-Harare (durch das Büro 3. Bürgermeister und dort der Stelle für Internationale Angelegenheiten), die Klima-Bündnis-Partnerschaft Münchens mit dem indigenen Volk der Asháninka im peruanischen Regenwald (durch die Fachstelle Eine Welt im Referat für Gesundheit und Umwelt) oder dort der Bereich: Fairer Handel der Kommune, oder die Förderung größerer Veranstaltungen oder, dass die Stadtratskommission für Kommunale Entwicklungszusammenarbeit durch einen Beirat aus der Zivilgesellschaft beraten wird… Man sieht, wenn man politisch und strukturell will, kann auch im Eine Welt Bereich das Prinzip der Subsidiarität gut umgesetzt werden.
Und, man darf ja nicht vergessen, dass sowohl Zuschüsse an zivilgesellschaftlich engagierte und effektiv arbeitende Initiativen,wie auch Planstellen und Parallelstrukturen durch staatliche Stellen aus unseren Steuergeldern stammen und nicht aus dem Geldbeutel des jeweils zuständigen Ministers.

Heinz Schulze, Vorstand Nord Süd Forum München e.V.