Eigentlich habe ich den Namen nie ganz verstanden: Der Nürnberger Trichter gilt ja als überholte, mechanistische Form des Lernens und Lehrens, das Anfüllen eines Gehirns mit Informationen in der Hoffnung, das dieses irgendwie zu dem ordnet, was man Wissen, Persönlichkeit oder noch hehrer Bildung nennt.

Warum brachten ausgerechnet die Einrichtungen und Träger, die neue Lernformen, neue Bildungszugänge, offene Arrangements, experimentelles Suchen nach Ausdruck, künstlerische Lebensgestaltung, Lernen in eigener Regie, freies Spiel als Form der Aneignung auf ihre Fahnen geschrieben haben, das Bild des Trichters nach München? Noch dazu aus Nürnberg, wo sich ja immer ähnlich Fortschrittliches ereignete und mit denen die Münchner immer in einem belebenden Wettbewerb um neue Ideen standen?

Ich habe den „Trichter“ nie verstanden, die einzige Erklärung ist, dass zwischen dem überkommenen Trichterbild auf der einen Seite und dem Innovationsschub durch den Münchner Trichter sich eine Paradoxie auftut, die zwangsweise lebhaftes Interesse wecken muss.

Soviel vorneweg. 20 Jahre Münchner Trichter waren engagierte Diskussionen um Begrifflichkeiten, ein heftiges Ringen um neue Fachlichkeit , experimentierfreudige Suche nach neuen Wegen, eine Diskussionskultur, die manche nüchterne Dienstbesprechung zwischen Stadtverwaltung und Münchner Trichter in den Rang eines soziologischen oder pädagogischen Proseminars hob. Und weil man beim Trichter immer genau wusste, dass man sich auch politisch positionieren und absichern muss, hat der Trichter seinen Fuß – manchmal freundlich, manchmal druckvoll – in die verschlossenen Türen mancher Festungen gedrängt, bis diese sich wenigstens ein Stück weit öffnen mussten.

Diese Betrachtung gibt ausschließlich die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme des Stadtjugendamtes wider. Ansonsten: Brodelt weiter als politische, pädagogische und kulturelle Gärhefe im tiefen Bottich der Kinder- und Jugendarbeit in München.

Karl-Heinz Hummel, Stadtjugendamt München, Leiter des Sachgebietes Jugendarbeit


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