Die Kerngruppe des Münchner Trichters

Einmal im Monat trifft sich die Kerngruppe. Dort werden Informationen ausgetauscht und alle relevanten Entscheidungen für die gemeinsamen Themen getroffen.

 

Renate Grasse über die Arbeit der Kerngruppe im Münchner Trichter

Du bist Mitglied in der Kerngruppe des Münchner Trichters. Was ist das für ein Gremium?

Die Kerngruppe steht für die kontinuierliche Arbeit des Münchner Trichters und für die partizipative Struktur.
Insgesamt haben sich derzeit 22 Mitgliedseinrichtungen in der Kooperationsgemeinschaft zusammengefunden. Während die Vollversammlung mit Vertreter_innen aller Partner zwei Mal im Jahr stattfindet, trifft sich die Kerngruppe jeden Monat und führt die Alltagsgeschäfte. In der Kerngruppe arbeiten die Planungsbeauftragte, der Vorstand, die Vertreter_innen im KJHA und die gewählten Mitglieder mit. Wenn eine Mitgliedseinrichtung es für notwendig oder interessant befindet, kann sie jederzeit zu einer Sitzung eine/n Delegierte/n schicken.

Wie läuft so eine normale Arbeitssitzung ab?

Man trifft sich üblicherweise um 14:30 Uhr in einer Mitgliedseinrichtung bei Kaffee und Kuchen. Besonders attraktiv sind Treffen in einem Haus der AG Buhlstraße, weil Christel, die Geschäftsführerin, eine begnadete Kuchenproduzentin ist.
Jede/r Ankommende wird freudig begrüßt, und sofort beginnt der informelle, aber meist sachbezogene Austausch: Irgendwer war immer auf irgendeiner Veranstaltung oder in irgendeinem Gremium und wird von irgendwem nach Details befragt, oder zwei waren auf derselben Veranstaltung und tarocken nach, oder es wird mal eben was vorbesprochen, was nicht in die Zuständigkeit des Münchner Trichters gehört. Wer – wie ich – nicht in so vielen Gremien unterwegs ist, kann sich da nicht immer beteiligen. Macht nix.
Irgendwer mahnt anzufangen, weil die Tagesordnung lang ist und viele danach noch einen Anschlusstermin haben. Der Gastgeber /die Gastgeberin hat die Aufgabe der Moderation, ruft zur Ordnung und beginnt, die Tagesordnung abzuarbeiten.
Die Tagesordnung weist immer dieselbe Struktur auf: Nach den Regularien folgt die Diskussion interner Belange des Münchner Trichters, am Ende geht es „allgemein“ um die Münchner Sozialpolitik, d.h. es wird aus der Arge sozial und aus dem sozialpolitischen Diskurs berichtet bzw. die Teilnahme an Sitzungen vorbereitet.
Die meiste Zeit fließt in den Tagesordnungspunkt „Kinder- und Jugendhilfe“. Gemeinsam gehen die Teilnehmenden die Vorlagen für den nächsten Kinder- und Jugendhilfeausschuss durch, prüfen, inwieweit Mitgliedseinrichtungen betroffen sind und beraten über Optionen für das Diskussions- und Abstimmungsverhalten derjenigen, die den Münchner Trichter im Ausschuss vertreten.
Oft wird nicht nur die nächste Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses vorbereitet, sondern auch ein Gespräch mit einer Fraktion im Stadtrat, mit dem Sozialreferat, dem Jugendamt oder auch einem anderen Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Die Planungsbeauftragte vereinbart auf Wunsch der Mitglieder des Münchner Trichters die Termine, in der Kerngruppensitzung vor dem Gespräch werden die Themen abgestimmt und vorbesprochen und die Rollen verteilt.
Ganz am Schluss informieren die Teilnehmenden über spannende Veranstaltungen im jeweils eigenen Hause und vereinbaren ggf. die Schwerpunkte der nächsten Kerngruppensitzung.

Was motiviert dich, in so einer Runde mitzuarbeiten?

Ich bin verantwortlich für eine sehr kleine Einrichtung der Jugendbildung. Wir arbeiten mit Kindern und Jugendlichen zu Fragen des Zusammenlebens und der sozialen, kulturellen und politischen Beteiligung. Daher kann uns die Bildungs- und Sozialpolitik der Stadt nicht egal sein. Meine Kolleg/innen und ich möchten wissen, welche Debatten in der Stadt zu Fragen von Bildungs- und Sozialpolitik geführt werden, und wir möchten sie mit gestalten. Über die Kerngruppe bleibe ich über die verschiedenen Akteure im Arbeitsfeld im Bilde, aber auch über die laufenden Prozesse und Entwicklungen.
Natürlich geht es im Kinder- und Jugendhilfeausschuss oft um Entscheidungen, die für das eigene Arbeitsfeld irrelevant sind und dennoch breit in der Kerngruppe diskutiert werden, weil sie für andere Mitwirkende im Münchner Trichter Bedeutung haben. Manchmal finde ich die Themen dennoch interessant, etliches langweilt auch. Bei jeder Kerngruppensitzung aber werden auch solche Punkte angesprochen, über die ich meine Kolleg/innen informieren möchte. Deshalb empfinde ich die drei Stunden, die so eine Sitzung meist dauert, nie als verlorene Zeit.
Sehr wichtig sind für uns die Gespräche mit Politik und Verwaltung. Im Vordergrund stehen dabei nicht die Einrichtungsegoismen, sondern die Anliegen, die vielen Mitwirkenden im Münchner Trichter gemeinsam sind. Die Anliegen müssen begründet werden, und zwar in ihrer Beziehung z.B. zu den Vorstellungen von Bildung und von den Rechten der Jugendlichen, damit sie dem Selbstverständnis des Münchner Trichters entsprechen. Allein das Herausarbeiten der Gemeinsamkeiten in den Anliegen und das gemeinsame Bemühen, den Kern des jeweiligen Problems knapp zu benennen, ist wertvoll, dient nicht zuletzt der eigenen Klarheit und ist immer wieder eine Herausforderung.
Das ist das eine Motiv für die Mitarbeit in der Kerngruppe. Das andere Motiv ist ziemlich schlicht: Hier treffe ich alte Hasen und Häsinnen, d.h. erfahrene Akteure der Jugendhilfe, die mir oft auf die Schnelle gute Tipps und Hinweise geben können. Die Mitwirkenden im Münchner Trichter befinden sich zwar in einem Spannungsfeld von Konkurrenz und Kooperation, aber nach meiner Erfahrung überwiegt der Aspekt der Zusammenarbeit. In dieser Grundhaltung gehe ich nicht immer gern zu den Treffen der Kerngruppe, oft fällt es mir schwer, nicht dem Druck der alltäglichen Aufgaben nachzugeben, aber ich finde es richtig und wertvoll, regelmäßig an den Treffen teilzunehmen.

Die Fragen stellte Martina Ortner.