Die Einrichtung des Kooperationsgremiums Jugendhilfe und Schule im Jahr 2013 stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu Verbesserung der Zusammenarbeit der beiden Bereiche, unter Einbeziehung des Kulturreferates und der Freien Träger dar. Beim jährlich stattfindenden Ganztagsbildungskongress wurde inzwischen ein Forum für die Präsentation bestehender Münchner Kooperationen geschaffen, das den beteiligten Lehrkräften, Sozial- und Kulturpädagoginnen und -pädagogen die Möglichkeit eröffnet, ihre Erfolge und Probleme darzustellen. Mit der Planungswerkstatt Ganztagsbildung gibt es darüber hinaus im Rahmen des 3. Ganztagsbildungskongresses ein gemeinsames Forum zur konzeptionellen Entwicklung Lokaler Bildungslandschaften in München.
Dennoch sehen die Träger der Jugendarbeit in München für die Zusammenarbeit noch eine Reihe von Punkten die zu klären sind und haben daher folgende Forderungen:
1. Ganztagsbildung ist mehr als Ganztagsschule und kann deshalb nur im Zusammenwirken aller wichtigen Bildungsakteure weiter qualifiziert und erfolgreich ausgestaltet werden. Vor allem das Referat für Bildung und Sport (RBS) und das Sozialreferat/Stadtjugendamt müssen in Zukunft enger und besser zusammenarbeiten und eine gemeinsame Gesamtperspektive entwickeln. Dabei soll das RBS die Kooperation mit externen Partnerinnen und Partnern und die sozialräumliche Öffnung der Schulen zum handlungsleitenden Prinzip machen. Ganztagsbildung setzt eine Vielfalt an Räumen, unterschiedlichen Orten, Gelegenheiten und Beteiligungsformen voraus. Das Jugendamt soll die Möglichkeiten, die sich aus Synergien mit Angeboten der Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendarbeit und der kulturellen Bildung ergeben, offensiver in die Kooperationen einbringen. Damit sind insbesondere die personellen und räumlichen Ressourcen von Horten, Kinder- und Jugendeinrichtungen und anderen Angeboten der Jugendhilfe, einschließlich der Ferienangebote gemeint. Die Partizipation der Kinder und Jugendlichen, die kulturelle Teilhabe und die Belange der Inklusion stehen dabei für beide Referate und die externen Partner bei der gemeinsamen Ausgestaltung der Ganztagsbildung im Vordergrund.
2. Das Einrichtung des Kooperationsgremiums Jugendhilfe und Schule zur besseren Abstimmung und Koordination der Entwicklung der Angebote des Referats für Bildung und Sport, des Kulturreferats und des Stadtjugendamts sowie der Freien Träger der Jugendarbeit und Jugendhilfe soll formell vom Stadtrat bestätigt werden. Die angestrebte Einbeziehung des Staatlichen Schulamtes und weiterer Bildungsakteure steht noch aus und wird deshalb zeitnah eingelöst.
3. Die zentrale Frage der Zusammenarbeit ist die Rolle der Sozialpädagogik in den Schulen. Es muss Klarheit über die Aufgaben und den Stellenwert von sozialpädagogischem Handeln in einer künftigen Ganztagsschule als Lebensort hergestellt werden. Derzeit gibt es Bestrebungen, die Rolle dieser Profession seitens der Jugendhilfe stark auf die Intervention bei Einzelfallproblemen zu reduzieren. Dies ist sicherlich ein wichtiges Aufgabenfeld. Die generalpräventiven Erziehungsaufgaben, die Bildungsaufgaben der sozialen Arbeit und der Kulturellen Bildung müssen in Ergänzung zu den curricularen Bildungsaufgaben der Lehrkräfte mindestens gleich bedeutsam werden, wenn sich die Schule als Ganztagsschule immer stärker von einem Lernort zu einem zentralen Lebensort entwickelt. Einem Lebensort, in dem Kinder und Jugendliche nicht nur mehr Zeit verbringen, sondern auch besser und individueller gefördert werden, sich beteiligen und engagieren können. Dazu kann die Jugendarbeit mit ihrer Sichtweise auf junge Menschen, ihren pädagogischen Prinzipien und Methoden einen entscheidenden Beitrag leisten.
4. Der Beschluss des Stadtrats vom 2.7.2013 zur Einbeziehung der freien Träger in die Arbeit der Münchner Serviceagentur für Ganztagesbildung bei der „Koordinierung Ganztagsbildung zwischen Schule und Jugendhilfe“ soll baldmöglichst praktisch umgesetzt werden. Dazu ist die Finanzierung einer Stelle erforderlich.
5. Die Projekt- und Trägervielfalt an einzelnen Schulen, die aus der fehlenden Gesamt¬konzeption, der mangelnden Abstimmung und den vielfältigen Einzelprogrammen resultiert, soll kritisch im Hinblick auf unnötige Doppelungen, dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand und den Reibungsverlusten an den Schnittstellen überprüft und nach Möglichkeit reduziert werden (SSA, JAS, JADE, OGS, GGS, Mittagsbetreuung, Hort, Tagesheime, Stiftungen, Bildungs- und Teilhabepaket…). Dabei soll ein vernünftiges Maß zwischen Trägervielfalt und Vereinheitlichung gefunden werden.
Gemeinnützige Träger, insbesondere mit der Anerkennung nach § 75 KJHG, sollen gegenüber gewinnorientierten Unternehmen bei Kooperationen den Vorzug genießen.
6. Die Idee des Modellprojekts der Rhythmisierten Offenen Ganztagsschule (ROGS) aus dem Jahr 2006 soll mit dem Ziel, ein modifiziertes, an die aktuellen Entwicklungen der Offenen und Gebundenen Ganztagsklassen angepasstes und übertragbares Ganztagskonzept zu entwickeln, wieder aufgegriffen und finanziert werden. Damals war z.B. geplant, an drei Schulen für die Dauer von drei Jahren die Kooperation von Schule und Trägern der Jugendarbeit mit jährlich 100.000 Euro zu unterstützen. Für die wissenschaftliche Begleitung und Dokumentation waren über den Gesamtzeitraum weitere 100.000 Euro vorgesehen. Die Gesamtkosten für drei Jahre lagen bei einer Mio. Euro.
7. Ganztagsbildung muss als gemeinsame Aufgabe zwischen Freistaat, Stadt und allen an der Bildung von Kindern und Jugendlichen Beteiligten verstanden werden. Die finanzielle Beteiligung der LHM an der Ganztagsbildung an den staatlichen Grund- und Mittelschulen soll daher im Hinblick auf die Situation an den Horten (BayKiBiG) diskutiert werden. Ein Ganztagsschulbetrieb an Grundschulen ohne konzeptionelle Einbindung der Horte ist nicht erfolgversprechend, da derzeit der Betreuungsumfang in der Halbtagsschule plus Hort höher ist als in den Modellen der Ganztagsschule (siehe Freitagnachmittage und Ferienzeiten).