In München hat sich eine bunte spielpädagogische Szene entwickelt, die mit kreativen, spielerischen Angeboten vielseitige Lernmöglichkeiten bietet. Grundlage ist die konzeptionelle Überlegung, die die Umwelt als einen Spiel- und Lernraum versteht.

Der Kern des Konzepts begreift das spielende Kind  in Interaktion mit Menschen, Orten, Materialien, Wegen, Gebäuden, Programmideen und Spielmöglichkeiten, die sich dabei zufällig ergeben. Es nutzt diese und beeinflusst sie wieder durch seine eigenen Handlungen. Die Umwelt bietet potenzielle Spiel- und damit Erfahrungsmöglichkeiten mit Bildungsinhalten. Diese gilt es wahrzunehmen und den Kindern Zugänge dazu zu öffnen. Hierfür sind Pädagog_innen gefragt: Sie sollen die Wahrnehmung schärfen, Impulse setzen, ungewöhnliches Lernen ermöglichen und mit den Kindern gemeinsam spannende Spielabenteuer in der unmittelbaren Wohnumgebung erleben, die Teilhabe daran eröffnen und neue Zugänge zur Lebensumwelt und ihrer Mitgestaltung ermöglichen.

Spielpädagog_innen, die dieses Konzept verfolgen, arbeiten im Netzwerk Spiellandschaft Stadt zusammen, um vielfältige Spiel- und damit auch Bildungsgelegenheiten gemeinsam mit Politik, Verwaltung und vielen Trägern bereit zu stellen.

Das Bild der Lebensumwelt als Lernumwelt, basierend auf den sozialökologischen Grundlagen des amerikanischen Entwicklungspsychologen Urie Bronfenbrenner, zeigt eine Mischung von in der Umwelt vorhandenen und zusätzlich inszenierten Lern- und Spielmöglichkeiten. Dabei werden etwa eine Baustelle oder die Werkstatt eines Schusters ebenso in Betracht gezogen wie pädagogisch installierte Bildungs- und Betreuungsinstitutionen wie Schule, Kindergarten, Spielbus, Spielhaus, Abenteuerspielplatz, Kindertheater, Kino, Angebot der Jugendkunstschule sowie das Kindermuseum. Für das Kind, das in einer Sozial-, Kultur- und Bildungslandschaft mit vielerlei Anregungen unterwegs ist, bieten sich somit mehr Bildungsgelegenheiten als in einem Stadtteil, in dem fußläufig kaum noch Geschäfte, Kinos oder Büchereien vorhanden sind.

Spiellandschaften sind ein Teil der Bildungslandschaften
Lokale Bildungslandschaften beziehen nach Heinz-Jürgen Stolz vom Deutschen Jugendinstitut nicht-pädagogische Räume als Möglichkeitsräume zum Lernen mit ein. Dafür braucht es eine interdisziplinäre Sichtweise und eine Kooperation der beteiligten Partner_innen, die mehr ist als die Summe ihrer Teile. Die Stadt-, Freiflächen-, Umwelt-, Landschafts-, Verkehrs- und Sozialplanung mit ihren Ressourcen sollte für die informelle Gestaltung von Bildungsoptionen genauso betrachtet werden wie die Bildungsangebote der Schule. Lokale Bildungslandschaften setzen damit einen ähnlichen Fokus auf Lernräume wie Spiellandschaften.

Wie sich spielpädagogische Gruppen in lokalen Bildungslandschaften engagieren, zeigt ein Beispiel aus München. Die Spiellandschaft Stadt in München Westkreuz arbeitet seit ihrer Entstehung im Jahr 1991 mit Schulen, Horten, Tagesheimen und Kindergärten zusammen, aber auch mit dem Baureferat, Abteilung Gartenbau, mit der Stadtplanung sowie mit Architekt_innen. Sie will für die Kinder und ihre Familien eine vielfältige, anregungsreiche Spielumwelt etablieren, erweitern und verändern und dies unter Beteiligung von vielen Akteur_innen, mit unterschiedlichen Professionen und Fähigkeiten sowie mit verschiedenen Trägern diverser Disziplinen, an vielfältigen Orten im Stadtteil. Nicht nur das Spielhaus oder der Spielbus als Einzelmaßnahme mit pädagogischen Angeboten stehen im Fokus der Arbeit, sondern der ganze Stadtteil wird als Bereich des Spiel-, Kultur-, Lern-, und Lebensraums der Kinder gesehen.

Entdecker_innen gesucht
Die Spiellandschaft Stadt Westkreuz ist Teil des bundesweiten Modellprojektes „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung“, das vom Bundesbildungsministerium gefördert wird. In ihrem Projekt „Entdecker gesucht“ erforscht sie, gemeinsam mit ihren langfristigen Bündnispartner_innen, den Hort in der Reichenaustrasse, der Stadtteilbibliothek Westkreuz, dem Bildungslokal des Referates für Bildung und Sport und anderen Kooperationspartner_innen, die Bildungspotenziale im Westkreuz. Die Ergebnisse der Kinder werden aufbereitet und stehen allen entdeckerfreudigen Personen im Westkreuz zur Verfügung. Dabei werden verschiedene Medien eingesetzt. Was es an Bildungsgelegenheiten gibt, kann man sich mit Hilfe bekannter Medien als Stadtteilrallye, als Ausstellung, als Kindertagebuch oder als Bildungsatlas ansehen. Mit neuen Medien kann man Bildungsgelegenheiten über Educaches (Geocache mit Bildungsangebot), Geoquest (Smarthphone-gestütztes Fragespiel) oder WhatsApp erfahren.

Mehr dazu unter www.spiellandschaft.de

Evelyn und Gerhard Knecht, Spiellandschaft Stadt