Grundsätzlich besagt das oft im Munde geführte Prinzip der “Subsidiarität” ja, dass alle Entscheidungen auf der niedrigstmöglichen Ebene getroffen werden. Damit verbunden ist aber zugleich die Verpflichtung der höheren Ebenen, die unteren in die Lage zu versetzen, auch entsprechend tätig werden zu können.

Für mich als Münchner Stadtrat hat das Prinzip der “Subsidiarität” zwei besondere Bedeutungen: Im sozialen Bereich verfolgen wir in München in weiten Bereichen sehr konsequent die Vorgabe, dass die Stadt soziale Aufgaben und Dienstleistungen nur da übernimmt, wo sie an eine hoheitliche Aufgabe oder eine mit der Bestimmung als Gebietskörperschaft verbundene Verpflichtung verbunden ist. Dazu gehört z. B. die Vergabe von Zuschüssen. Die Durchführung sozialer Aufgaben selbst ist weitestgehend den freien Trägern überlassen. Nun mag man dann zwar unterschiedlicher Auffassung sein können – ich bin aber darauf stolz, dass es uns auch in finanziell sehr schwierigen Jahren gelungen ist, die freien Träger zwar kürzen zu müssen, aber insgesamt weiterhin mit einer Finanzausstattung versehen zu können, die ein gutes Arbeiten möglich macht. Mehr kann es natürlich immer sein, aber in allen sozialen Bereichen müssen wir uns mit unserem Engagement als Kommune wahrlich nicht verstecken. Dennoch heißt es, gemeinsam mit den freien Trägern, sozial wachsam zu bleiben. Insbesondere die Bildungschancen bildungsferner Kinder und Jugendlicher sollten uns nicht ruhig schlafen lassen.

Dieses Thema führt mich dann auch zum zweiten Teil des Blicks auf das Thema der “Subsidiarität”: Zwar ist im Grundgesetz die kommunale Selbstverwaltung hoch gehalten – die Realität sieht aber ganz anders aus. Letztlich verfügt der Münchner Stadtrat über weniger als 20 Prozent des Verwaltungshaushalts der Stadt noch selbst – der Rest ist durch Gesetze, Verordnungen und durch verschiedene Vorgaben festgelegte soziale und anderen Verpflichtungen schon verplant, bevor wir noch einen Beschluss gefasst haben. Zwar hat sich in den letzten Jahren immer wieder etwas bewegt, z. B. im Bereich der Sozialhilfe, nach wie vor werden Aufgaben aber gerne an die Kommunen delegiert – ohne aber große Gestaltungsspielräume zu lassen. Der Geldfluss folgt dem schon weniger. Die Kommune darf übrigens z. B. gerne Schulhäuser bereitstellen – was darin stattfindet entscheidet aber der Freistaat Bayern. Dankenswerterweise stattet er die städtischen Schulen aber keineswegs mit ausreichend Mitteln aus, um den Unterricht voll zu ermöglichen. Die Stadt München “darf” hier jährlich weit über 100 Millionen zuschießen. Diese Mittel fehlen dann z. B. wieder im Sozialbereich.

Es ist eine große Aufgabe der kommenden Jahre, dieses Ungleichgewicht gerade zu rücken. Nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern die Stadtgesellschaft insgesamt würde es dankbar wahrnehmen können!

Christian Müller

Stadtrat (SPD),  Sprecher im Sozialausschuss sowie im Kinder- und Jugendhilfeausschuss (KJHA), stellv. sportpolitischer sowie wohnungspolitischer Sprecher, Vorsitzender des BA 21 Pasing-Obermenzing.